Nationale Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit (NUBBEK)

Die „Nationale Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit“ (NUBBEK) untersuchte die Qualität der familiären und außerfamiliären Betreuung an einer verbundenen Stichprobe von ca. 2.000 zwei- und vierjährigen Kindern mit ihren Familien (davon ca. ein Drittel mit türkischem oder russischem Migrationshintergrund) und 567 Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen. Ziel der NUBBEK-Studie ist es, datenbasiertes Wissen zur Situation frühkindlicher Betreuung in Deutschland zur Verfügung zu stellen und kindliche Entwicklung im Zusammenhang mit der Qualität familiärer und außerfamiliärer Betreuung zu betrachten.

Anlass

Seit rund zwei Jahrzehnten befindet sich das deutsche Früherziehungssystem in einem bemerkenswerten Umbau. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab Mitte der 1990er Jahre kann hier als Initialzündung betrachtet werden. Mit dem im Jahr 2005 in Kraft getretenen TAG (Tagesbetreuungsausbaugesetz) wurde ein Quasi-Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung bzw. Kindertagespflegestelle auch für unter Dreijährige in bestimmten Familienkonstellationen festgeschrieben. Das im Jahr 2008 verabschiedete KiFöG (Kinderförderungsgesetz) erweitert diesen Rechtsanspruch auf alle Kinder im Alter von eins bis unter drei Jahren ab dem Jahr 2013. Allerdings ist die Ausgestaltung dieses Rahmens mit vielfältigen offenen Fragen verbunden. Zentral geht es dabei um die pädagogische, bildungsfördernde und familiengerechte Qualität der öffentlich verantworteten Angebote, und zwar für Kinder und Familien in den unterschiedlichsten Lebenslagen. Aktuell wie auch in den kommenden Jahren werden neue Weichenstellungen in pädagogisch-praktischer, organisatorischer und fachpolitischer Hinsicht erforderlich. Dabei fehlt in Deutschland wie kaum in einem anderen hochentwickelten Land das empirische Grundlagenwissen zum Einfluss der verschiedenen Bildungs- und Betreuungsformen und den moderierenden Faktoren für eine gelingende kindliche Entwicklung und Bildung. Solches Wissen ist aber notwendig, um Effekte verschiedenster Art für Kinder und Familien abschätzen zu können, aber auch, um Verbesserungen gezielt anregen zu können.

Ziel

Die NUBBEK-Studienpartner haben sich die Aufgabe gestellt, im Rahmen einer multizentrischen Studie belastbares empirisches Grundlagen- und Anwendungswissen bereitzustellen, gegebene und sich abzeichnende Verhältnisse und Fragestellungen wissenschaftlich zu durchleuchten und mit diesem empirischen Wissen die Basis für die Gestaltung einer guten frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder sowie die Unterstützung von Familien in ihrer Erziehungsaufgabe zu erweitern.

Methodisches Vorgehen

Die NUBBEK-Studie wurde als multizentrische und repräsentative Untersuchung zur Feststellung der pädagogischen Qualität im deutschen Früherziehungssystem in den Jahren 2010 und 2011 durchgeführt. In acht Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt) wurden Landkreise, kreisfreie Städte sowie Großstadtbezirke ausgewählt. In ihrer Gesamtheit spiegeln die ausgewählten Gebietseinheiten den Durchschnitt und die Streuung der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf relevante Merkmale der sozialen und wirtschaftlichen Lage sowie der Versorgung und Nutzung frühkindlicher Betreuungseinrichtungen wider.

In die Studie wurden alle relevanten öffentlich geförderten außerfamiliären Betreuungsformen einbezogen:

  • Kindergartengruppen: mit Kindern im Alter ab drei Jahren bis zum Schuleintritt (n=146)
  • Altersgemischte Gruppen: mit sowohl 2- als auch 4-jährigen Kindern (n=139)
  • Krippengruppen: mit Kindern bis zum Alter von drei Jahren (n=118)
  • Tagespflegestellen: mit Kindern im Alter unter drei Jahren (n=164)

Als weitere Betreuungsform wurde die ausschließlich familiäre Betreuung bei 2-jährigen Kindern einbezogen.

 

Die pädagogische Qualität der verschiedenen außerfamiliären Betreuungsformen wurde über die revidierte Kindergarten-Skala (KES-RZ, Forschungsversion; Tietze, 2010a), die revidierte Krippen-Skala (KRIPS-R; Forschungsversion: Tietze, 2010b) bzw. über die revidierte Tagespflege-Skala (TAS-R; Forschungsversion: Tietze, 2010c) erfasst, wobei die Qualitätsskalen analog aufgebaut sind. Die Qualitätsmerkmale sind in sieben Subskalen zusammengefasst: (1) Platz und Ausstattung, (2) Betreuung und Pflege der Kinder, (3) Zuhören und Sprechen/sprachliche und kognitive Anregungen, (4) Aktivitäten, (5) Interaktionen, (6) Strukturierung der pädagogischen Arbeit, (7) Eltern und Erzieherinnen/Tagesmutter.

Die Datenerhebung in den Familien setzte sich zusammen aus Interviews mit den Müttern, Fragebögen mit Müttern und Vätern sowie Beobachtungen der familiären Entwicklungsumwelt durch Projektmitarbeiter/innen. Der kindliche Entwicklungsstand in den Bereichen Sprache, Kognition, sozial-emotionale Entwicklung, Motorik und Gesundheit wurde sowohl durch die pädagogischen Fachkräfte als auch durch die Mütter mit Hilfe von psychologischen Fragebögen eingeschätzt. Zusätzlich wurde im Rahmen der Datenerhebung in den Familien der kognitive und sprachliche Entwicklungsstand des Kindes anhand psychologischer Testverfahren erfasst.

Ergebnisse

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Qualität der außerfamiliären Betreuung überwiegend als mittelmäßig einzustufen ist. Gute oder sehr gute Betreuungsqualität fand sich in weniger als 10% der untersuchten Betreuungssettings und bei ca. 10% wurde die Qualität sogar als unzureichend beurteilt. Krippen, Kindergärten und Tagespflegestellen schnitten dabei besser ab als altersgemischte Einrichtungen. Betrachtet man die pädagogische Qualität in den einzelnen erfassten Qualitätsbereichen, so ergibt sich ein ähnliches Bild: Auch hier sind die Qualitätsmittelwerte überwiegend im mittleren Bereich angesiedelt. Eine Ausnahme bildet der Bereich Betreuung und Pflege der Kinder. Die Qualitätsmittelwerte liegen hier für alle betrachteten Betreuungsformen im unteren Bereich.


Die kindliche Entwicklung in den erfassten Bereichen hing stärker mit familiären Merkmalen als mit Merkmalen der außerfamiliären Betreuung zusammen. Diese Aussage gilt für jeden der untersuchten Entwicklungsbereiche. Es zeigte sich aber auch ein positiver Einfluss einer hohen Qualität der außerfamiliären Betreuung auf die kindliche Entwicklung, insbesondere bei Kindern mit Migrationshintergrund.

Umfangreiche Informationen über die Studie sind im Forschungsbericht der NUBBEK-Studienpartner erschienen: Tietze, W., Becker-Stoll, F., Bensel, J., Eckhardt, A. G., Haug-Schnabel, G., Kalicki, B., Keller, H., Leyendecker, B. (Hrsg). (2013). NUBBEK - Nationale Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung im frühen Kindesalter. Forschungsbericht. Berlin: das Netz.

In der NUBBEK-Broschüre sind Fragestellungen und Ergebnisse der Studie zusammengefasst.


Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung in Bayern findet sich im IFP-Projektbericht 25/2013: NUBBEK – Ergebnisbericht der Untersuchung in Bayern.


Weitere Ergebnisse zur Qualität in Kindertageseinrichtungen und Implikationen für die Praxis sind u.a. in verschiedenen Zeitschriften erschienen:
Beckh, K., Mayer, D., Berkic, J. & Becker-Stoll, F. (2013). Qualität in Kindertageseinrichtungen – Ergebnisse der NUBBEK-Studie. TPS, 9/13, 44–48.
Mayer, D., Beckh, K. & Becker-Stoll, F. (2014). Erzieherin-Kind-Beziehungen und kindliche Entwicklung. TPS, 1/14, 28–31.
Mayer, D., Beckh, K., Berkic, J. & Becker-Stoll, F. (2013). Erzieherin-Kind-Beziehungen und kindliche Entwicklung: Der Einfluss von Geschlecht und Migrationshintergrund. Zeitschrift für Pädagogik, 59(6), 803–816.

Ein Themenheft über die NUBBEK-Studie erschien im April 2014 in der Zeitschrift Frühe Bildung, darin u.a.:
Becker-Stoll, F. (2014). Editorial. Schwerpunkt: NUBBEK. Frühe Bildung, 3(2), 69.
Beckh, K., Mayer, D., Berkic, J. & Becker-Stoll, F. (2014). Der Einfluss der Einrichtungsqualität auf die sprachliche und sozial-emotionale Entwicklung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Frühe Bildung, 3(2), 73–81.
Becker-Stoll, F., Beckh, K., Mayer, D. & Berkic, J. (2015). Gegenstand und Ergebnisse der nationalen Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit (NUBBEK). Jugendhilfe, 6/2015.
Becker-Stoll, F., Beckh, K., Mayer, D. & Berkic, J, (2015). Einfluss der Betreuungsqualität der verschiedenen Bildungsorte auf die sprachliche und sozial emotionale Entwicklung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. In E. Reichert-Garschhammer, C. Kieferle, M. Werfein & F. Becker-Stoll (Hrsg.), Inklusion und Partizipation – Vielfalt als Chance und Anspruch (S. 192-206). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Beckh, K., Mayer, D., Berkic, J. & Becker-Stoll, F. (2015). Ergebnisse der NUBBEK-Studie zu Qualitätsdimensionen in der Kindertagesbetreuung: Interpretation aus bindungstheoretischer Sicht. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 10(2), 183-201.
Mayer, D. & Beckh, K. (2016). Examining the validity of the ECERS–R: Results from the German National Study of Child Care in Early Childhood. Early Childhood Research Quarterly, 36, 415-426.
Mayer, D. & Beckh, K. (2017). Überprüfung der Validität der Skalen KES-R und KRIPS-R zur Erfassung der pädagogischen Qualität in Kindertageseinrichtungen: Ergebnisse der NUBBEK-Studie. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 64(3), 181-202.

Projektleitung

Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll

Projektpartner

Prof. Dr. Wolfgang Tietze
(Koordinator; Freie Universität Berlin, PädQuis gGmbH)

PD Dr. Gabriele Haug-Schnabel
(Forschergruppe Verhaltensbiologie des Menschen (FVM)

Dr. Joachim Bensel
(Forschergruppe Verhaltensbiologie des Menschen (FVM)

Prof. Dr. Heidi Keller
(Universität Osnabrück – nifbe)

Prof. Dr. Birgit Leyendecker
(NUBBEK Arbeitsgruppe Universitäten Bochum/Osnabrück)

Prof. Dr. Thomas Rauschenbach
(Deutsches Jugendinstitut e.V. (DJI)

Prof. Dr. Bernhard Kalicki
(Deutsches Jugendinstitut e.V. (DJI)

Projektlaufzeit

2009 - 2013

Zur Projektübersicht A - Z